Sonntag, 1. April 2012

Heuchelei - Glauben und Nichtglauben

Eines vorweg: Ich selbst bekenne mich als Christ. Ich bin christlich, jedoch nicht streng, aufgezogen worden. Meine Eltern haben großen Wert darauf gelegt, dass ich diese Werte verstehe, und auch danach Lebe. Doch sie haben mir auch gezeigt, dass man Toleranz anderen gegenüber zeigen muss. Sie zeigten mir, dass es gut ist, ein gewisses Wertesystem zu verinnerlichen, jedoch zur Not selbst entscheiden muss, ob dieses situationsbedingt überhaupt angemessen ist. Natürlich haben sie dies nicht direkt getan, indem sie mir das indoktriniert haben. Nein, es war ein langer und eher beiläufiger Prozess, den ich erst ab einem gewissen Alter verstehen konnte.

Mir geht es aber jetzt darum, zu verstehen wie ein Atheist denkt. Atheisten gibt es überall, und die Anzahl wächst immer weiter. Nicht verwunderlich bei all dem, was man heutzutage im Bezug auf Religion hört. Man spricht von Glaubenskriegen - Christentum gegen den Islam - von religiösen Säuberungen, von Intoleranz, und von einem "veralteten Weltbild".

Religion ist Gift - Religion ist Opium für's Volk, so wie es Karl Marx einmal gesagt hat.

Ist dies aber der wahre Grund für eine solche Abneigung gegenüber dem Glauben? Macht sich wirklich jeder, der sich Atheist nennt, diese Gedanken, und entscheidet dann? Oder ist ein großer Teil derer einfach nur zu faul, um sich mit einer Religion, einer Philosophie (z.B wie der Buddhismus) oder dergleichen auseinander zusetzen?

Ich bin ein Mensch der gerne über dieses Thema diskutiert, und deswegen habe ich schon einige Meinungen dazu hören können. Jedoch fällt mir auf, dass immer wieder die gleichen Aussagen kommen:

- "Es kann garkeinen Gott geben, die Evolution beweist das doch"
- "Wer glaubt, der entzieht sich der Realität"
- "Unsere Wissenschaft ist so weit, dass Religion einfach nicht mehr haltbar ist"
- "Wieso sollte ich an etwas glauben, dessen Existenz nicht sicher ist? Was bringt mir das?"
- "Wenn es wirklch einen Gott gibt, warum gibt es dann das böse?"
- "Wiedergeburt? Wie soll das möglich sein?"

Und so weiter.

Dann gibt es auch die Sorte Menschen, die wirklich sehr aggressiv darüber sprechen. Die, die vehement einen Gott verneinen, oder generell gegen jegliche Art von Glauben sind. Diejenigen, die ganz "rational" bleiben, und einem dies auch aufzwingen wollen. Generell häuft sich dies immer mehr. Von einer Gruppe passiver "Glaubens-Ablehner", sind diese zu einer Gruppe "Unglaubens-Aufzwinger" geworden. Praktisch zu der Sorte Menschen, die sie früher verachtet haben.

Wie kommt das? Ist es die Wissenschaft, die immer mehr dem Glauben an etwas übernatürliches sozusagen die Luft zum atmen nimmt? Oder ist es eine Art neuer Trend?

Vor allem das Argument "Wissenschaft contra Glauben" ist eines der ältesten und hartnäckigsten überhaupt. Wenn ich mit Leuten über sowas rede, dann kommt spätestens nach 2 Minuten "Du studierst doch eine Naturwissenschaft, wie kannst du überhaupt gläubig sein?". Und ich kann euch sagen, dass es geht. Nicht jeder gläubige ist ein radikaler Fundamentalist. Es gibt auch Gläubige, die nicht jedes Wort der Bibel, des Koran, der Tora, oder einer sonstigen Philosophie wortwörtlich übernehmen. Es soll noch Menschen geben, die den Verstand besitzen, um zwischen den Zeilen zu lesen. Und auch wenn es sich komisch anhört: Diese Schriften bieten genug Raum dazu.

Ich finde es eher beschämend, dass soviele Kritiker ihre Meinung dazu äußern, ohne überhaupt zu wissen, was genau in diesen Schriften steht. Sonst würde man doch nicht immer die selben ausgelutschten Argumente hören. Aber Kritik an sich ist natürlich zulässig. Ich bin der letzte, der Religion bedingungslos beschönigen würde. Jeder Glauben hat auch seine Schattenseiten, wer das bestreitet, der verleugnet nicht nur die Realität, sondern ist nicht fair gegenüber denjenigen, die darunter zu leiden hatten. Aber was ist mit der Wissenschaft? Dem Fortschritt? Hatte dieser nicht auch seine Schattenseiten? Was glaubt ihr wie die Ära des maschinellen high-tech-Krieges überhaupt zu stande kam? Durch ausgereifte Technik, und Fortschritte in der Wissenschaft. Die Grenzen des möglichen wurden erweitert, und auch immer bis zum Ende ausgeschöpft. Es ist nicht eine Frage der Religion, der Philosophie, oder der Wissenschaft. Es ist eine Frage des Menschen. Was macht der Mensch aus dem, was ihm gegeben ist? Sieht er die Religion als einen trost spendenden Halt, oder sieht er darin eine Rechtfertigung, Hass gegenüber anderen auszuleben? Sieht der Mensch die Wissenschaft als ein Mittel fortlaufenden Wohlstands und wachsenden Lebensstandards? Oder sieht der Mensch Wissenschaft als eine Möglichkeit seine Macht auszuweiten?

Und hier eine Frage besonders, an diejenigen, die sich immer wieder auf die Wissenschaft und die "ratio" berufen: Könnt ihr immernoch behaupten, dass der "Glaube" und das Vertrauen in die Wissenschaft, besser ist, als an etwas zu glauben, was vielleicht nicht greifbar zu sein scheint?
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Und noch ein Abschlusswort von mir. Richard Feynman (Ein berühmter Physiker) sagte einmal (sinngemäß):

"Wissen sie, Leute fragen mich immer, ob ich die Schönheit einer Rose überhaupt genießen kann, oder ob ich immer nur eine Ansammlung von Atomen sehe. Und ich verneine dies immer. Je tiefer ich in diese Pflanze hineinschaue, je mehr ich verstehe, was sie im inneren zusammenhält, umso mehr bin ich von ihrer Schönheit, und dem Werk des Schaffenden fasziniert"

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