Montag, 12. März 2012

Ohman, immer diese Streber!

Streber! Ihgitt ihgitt!

"Das sind doch diese Leute, mit den fettigen Haaren und den Hornbrillen. Ups, falscher Film! Das waren natürlich Nerds, pardon! Jedenfalls sind Streber doch Leute, die vordrängeln wenn der Lehrer die Klassenzimmertür aufsperrt. Die Leute, die sich sogar freiwillig nach vorne setzen. OMG! Freiwillig nach vorne setzen?! Die spinnen doch diese Streber. Wie können die nur? In die Schule gehen, um etwas zu lernen? Sowas gibt es? Verdammt. Ein komisches Volk, diese Streber."

So stelle ich mir manchmal die Gedanken vor, die jemand hat, aus dessem Mund man pure Verachtung gegenüber oben genannter Spezies hegt. Ist es eigentlich Verachtung? Oder doch nur Neid? Oder sogar eine gefährliche Kombination aus beidem? Vielleicht auch Ignoranz und Naivität?

Wie kommt man eigentlich dazu, etwas was so in der Natur des Menschen liegt, wie z.B das Essen, so nieder zu reden? Wieso ist das Wort "Streber" oder "nach etwas streben" so negativ behaftet? Jeder von uns, will doch das Beste, oder nicht? Streben wir also nicht alle nach etwas? Die einen stecken sich immer kleine Ziele, und erklimmen die Leiter Stück für Stück. Andere wollen gleich nach den Sternen greifen, und machen jahrelang keine Fortschritte. Die einen gehen arbeiten, um sich Make Up oder ein neues Videogame zu kaufen. Andere gehen arbeiten, um sich ihr Studium zu finanzieren.

Was haben diese Leute aber alle gemeinsam? Sie streben nach etwas! Was ist daran also verwerflich? Oder anders formuliert: Warum benutzt man heutzutage "Streber" als eine Art Beleidigung?

Ist es ein Ausdruck für die eigene innere Unzufriedenheit? Kommt man seinen eigenen Zielen nicht nahe genug, sieht aber, wie andere Erfolge haben, und gönnt ihnen dies nur nicht? Oder fühlt man sich selbst einfach nur so leer, weil man selbst irgendwie nicht bewusst nach etwas streben mag?

Nicht nur in meiner Schulzeit, waren "Streber" eines der Lästerthemen Nummer 1:

- "Boah, der hat doch bestimmt kein Leben, so wie der Noten absahnt!"
- "Ich wette der schleimt sich nach dem Unterricht bei den Lehrern ein!"
- "Hatte der/die schonmal eine Freundin/einen Freund? Würde mich wundern"
- "Scheiß auf den, wir machen dafür Party"

Ich muss zugeben, dass ich einen solchen Spruch noch nie über mich gehört habe, aber dafür umso öfter wenn es um andere ging. Fand ich immer erschreckend, vor allem, da ich mich selbst zu den "Strebern" zähle. Und ja, ich stehe dazu, wieso auch nicht?

Wieso schämen sich manche Leute dafür, wenn sie gut in der Schule sind? Doch wohl nur, weil es oftmals verpöhnt ist unter den Mitschülern. Aber wieso kommt es eigentlich soweit? Wie konnte es dazu kommen, dass gute Leistungen schon in der Schulzeit von anderen runter gemacht werden? Was ist das für eine Gesellschaft?

Man denkt jetzt "Ach, das ist doch alles Kindergelaber. Später sieht das ganz anders aus". Aber ich muss euch enttäuschen. Auch an der Uni gibt es solche Leute. Und das nicht selten. Gerade da fiel mir öfters auf, wie sehr Leute doch in der Lage sind zu lästern. Die meisten anscheinend ohne gesundes Bewusstsein. Denn die Leute wissen meistens nicht, dass sie schon auf dem Kurs bergab sind. Oder sie wissen es sehr wohl, versuchen das aber zu kompensieren durch ihr Gelaber.

Jedenfalls finde ich es erschreckend, dass manche sich nicht mal mehr trauen zu ihrem Engagement zu stehen! Ich bewundere Leute, die durchhalten, und immer darauf aus sind das Beste aus sich rauszuholen. Und vor allem die Leute, die einfach nicht auf die ganzen idioten hören, die sie als Streber "beschimpfen".

Und an all jene, die sich nun angesprochen fühlen: Überlegt euch mal, was für eine Bedeutung das Streben für das Leben jedes einzelnen hat. Und dann überlegt euch nochmal, ob ihr es immernoch als einen geeigneten Grund für "Beleidigungen" empfindet. Vielleicht hilft es, wenn man erstmal mit sich selbst im reinen ist. Dann braucht man seinen Frust auch nicht an anderen auszulassen ;-)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen